Wie alt sind eigentlich junge Leute?

Phil
22. Februar 2021

Wie alt sind eigentlich junge Leute?


Heute geht's ums Alter, ums Jungsein und Älterwerden oder ums Altsein und Jungbleiben. Du findest es vielleicht irritierend, dass das von mir kommt, weil ich selbst gerade mal frische 26 bin (sorry -not sorry), aber dafür ist man nie zu jung und du wirst merken, wie ich das meine. Außerdem haben sich in den letzten Monaten tatsächlich sanfte Falten um meine Augen gelegt, die mich doch etwas ins Grübeln bringen und ich hab mich gefragt, was das Alter mit uns macht. Also, legen wir los … bei diesem Spiel kann jeder mitmachen:


Wie alt bist du? Jetzt überlege dir, was das mit dir macht? Welche Gefühle, Gedanken oder Erwartungen kommen hoch, wenn du an dein Alter denkst? Lässt du dich sehr von dieser Zahl, die gewissermaßen über deinem Leben schwebt, beeinflussen? Oder ist sie dir eigentlich so gut wie nicht bewusst und du musst erst einmal mühevoll ausrechnen, wie alt du denn aktuell bist? Okay, so weit, so gut.


Die viel spannendere Frage ist aber: Wie findest du das, was diese Zahl mit dir macht? Wie findest du es, dass dein Alter dich so sehr oder so wenig oder gar nicht beeinflusst? Und was ist hier gerechtfertigt oder gar empfehlenswert?


Ich denke häufig über mein Alter nach. Eigentlich ständig. Und ich hab das schon immer so gehandhabt. Keine Ahnung, warum. Es war mir schon immer wichtig. Seit ich die 25 überschritten habe, komme ich jedenfalls immer schlechter damit klar, haha. Ist das normal? Für viele junge Leute ist ja die 30 eine ganz besonders große Hürde. Für mich ehrlich gesagt auch, aber da hab ich ja noch ein bisschen …
Ich war schon immer jemand, der Pläne gemacht hat und bis zu einem bestimmten Alter bestimmte Dinge im Leben erreicht haben wollte. Da gibt es bestimmt auch Menschen, die das gar nicht so handhaben, oder? Tja, jetzt frage ich mich, was hier wohl besser ist. Was macht uns glücklicher? Man sagt ja immer „Man ist immer so alt, wie man sich fühlt.“ Aber kann man das einfach so sagen? Denn eigentlich ist man eben immer so alt, wie man ist. Ist doch ganz klar.
Aber vielleicht sind wir wirklich besser damit beraten, nicht allzu viel Wert auf diese Zahl zu legen, sondern uns stattdessen mehr auf unsere persönliche Entwicklung zu konzentrieren. Denn eins ist klar: Jedes Leben wird subjektiv gelebt. Und jeder Mensch hat seine ganz eigene Timeline. Also warum sich einen Stress machen wegen Zielen, die man an sich selbst gesetzt hat oder Erwartungen, die andere an einen haben? Auf der anderen Seite wissen wir alle, dass wir nicht ewig leben – wobei … naja, um weltanschaulichen Problemen an dieser Stelle aus dem Weg zu gehen, einigen wir uns einfach darauf, dass unser irdisches Leben irgendwann vorbei ist. So. Im Licht dieser Tatsache möchte man ja nun möglichst wenig von seiner wertvollen Zeit auf diesem Planeten verschwenden. Und da spielt unser Alter natürlich die Hauptrolle. Also wie kann man behaupten, das sei nicht so wichtig? Ich finde schon.


Vor einiger Zeit habe ich mir meine Lebenszeit mal versucht, bildlich darzustellen. Dazu habe ich ein paar Kreise auf eine Heftseite gezeichnet. Dabei steht jeder Kreis für ein Lebensjahr (ich hab 90 aufgezeichnet, das ist schon recht großzügig berechnet, aber wer weiß). Dann hab ich die Anzahl Kreise durchgestrichen, die ich in Jahren schon hinter mir habe. Jedes Jahr streiche ich also einen Kreis weg. Wenn ich mir das dann hin und wieder als Schema anschaue, dann wird mir immer bewusst, dass a) wir eigentlich gar nicht so viele Jahre zur Verfügung haben und b) doch schon einige Jahre verstrichen sind, im wahrsten Sinne des Wortes. Das soll mich immer wieder an den Wert meiner Lebenszeit erinnern. Und ob wir überhaupt 60, 70, 80, 90 Jahre alt werden, sei ja auch mal dahingestellt ...


Alles eine Frage der Generation !?

Jede Generation definiert für sich ganz neu, was jung und alt bedeutet. Ich gehöre zu einer Generation, die, glaube ich, ziemlich gut darin ist, lange jung zu bleiben oder sich zumindest so auszugeben. Umso mehr frage ich mich aber, wo hier die Grenze ist. Viele halten sich mit 34 für noch echt jung, fühlen sich wie 20, vergessen dabei aber, dass sie der 40 viel näher sind als der 20. Und mit 40 – pardon – ist man in meinen Augen nun wirklich nicht mehr jung. Man ist natürlich auch noch nicht richtig alt, aber jung eben auch nicht mehr.


Was nun?


Ich glaube, wir fühlen uns immer jünger als wir de facto sind. Keiner sagt: „Ich bin erst 38, fühle mich aber schon wie mindestens 45“. Wohl eher andersherum. Vielleicht verbirgt sich dahinter eine Strategie, um nicht ständig der Wahrheit ins Auge sehen zu müssen, dass unser Leben endlich ist. Denn daran erinnert uns unser Alter doch eigentlich. Sonst wäre es ja bedeutungslos. Und vielleicht ist diese Strategie ganz gut so. Vielleicht ist es wirklich ratsam, sich nicht zu sehr auf diese Zahl, die sich aus irgendwelchen Daten auf deinem Personalausweis ergibt, zu versteifen. Denn hey, wie gesagt, das Leben findet subjektiv statt. Was für den einen gerade dran ist, kann für den anderen der völlig falsche Zeitpunkt sein, egal ob Studium, neuer Job, Hausbau, Familienplanung oder Renteneintritt.


Don't waste your time

Trotzdem sollten wir diese Zahl auch nicht ganz vernachlässigen. Denn das kann sich wie eine Super-Prokrastination auf alle möglichen Lebensbereiche auswirken. Ebenso wie ich glaube, dass wir uns immer jünger fühlen als wir sind, glaube ich auch, dass wir uns selten bereit zu neuen großen Lebensaufgaben fühlen. Vieles von dem, was wir wagen, fühlt sich genauso auch an: wie ein Wagnis. Die Gefahr ist, dass wir das, was eventuell als nächstes anstehen würde, zu weit nach hinten verschieben, weil wir uns noch nicht bereit dazu, eben zu jung, fühlen, und wir am Ende in der Summe unser ganzes Leben immer nur nach hinten verschoben haben. Wie tragisch das wäre! Das will ich nicht. Deshalb denke ich, ist es auch wichtig, sich nicht zu sehr auf dem Satz auszuruhen „Man ist immer nur so alt, wie man sich fühlt“, sondern stattdessen auch mal wirklich vorwärts zu leben. Neues anzupacken und loszulegen.


Hmm, jetzt haben alle meine Gedanken meine Ausgangsfragen nicht wirklich beantwortet. Aber das muss vielleicht auch nicht sein. Vielleicht genügt es schon, sich die Fragen immer wieder zu stellen und dann irgendwo in der Mitte zwischen „noch jung“ und „schon alt“ den Antworten zu begegnen.

von Annalena 1. November 2024
Wie ich Verantwortlichkeiten in meinem Leben verteile
von Theo 29. Oktober 2024
Über Abschiede im Leben und was sie für mich bedeuten
von Theo 23. Februar 2024
Über den Glauben als Essenz des Lebens
Show More