Zu glauben heißt zu leben
Über den Glauben als Essenz des Lebens
Mit dem Glauben ist es eigentlich wie mit dem Leben. Man kann gar nichts falsch machen, man muss einfach nur präsent sein und dabei Schritt für Schritt seinen Weg weitergehen, auch und gerade dann, wenn es schwer wird. Und genau das ist der Punkt – wir neigen dazu, stehen oder gar stecken zu bleiben, wenn Leid in unser Leben kommt, und beim Glauben lässt sich oft dasselbe Phänomen beobachten. Ja, ich glaube, oft haut es uns Menschen dann aus dem Glauben raus, wenn Leid (in welcher Form auch immer) in unser Leben kommt: Wenn Dinge passieren, die wir so nicht haben kommen sehen. Wenn unsere Pläne nicht aufgehen. Wenn wir Verluste erleben. Wenn wir verlassen werden. Wenn Zweifel uns plagen. Wenn wir Gott nicht mehr mit unserem Intellekt auf die Kette kriegen. Wenn wir nicht mehr dazuzugehören scheinen. Wenn Krankheit oder Tod da sind. Wenn unser Leben so läuft, wie wir es uns nie vorgestellt haben, weil wir uns etwas anderes gewünscht hatten …
Was auch immer es ist: Ich glaube, es sind solche Dinge, die uns unseren Glauben wegnehmen wollen. Und vielleicht lassen wir es viel zu leicht geschehen.
Ich glaube – und ich formuliere das bewusst so naiv und frech – dass wir Menschen eigentlich gar nicht wirklich ungläubig sein können. Nicht gläubig zu sein würde ja bedeuten, nicht zu leben, denn zum Leben gehört ein intrinsisches Hoffen auf das Gute, ein Streben nach dem Besseren, und Vertrauen in Nicht-Sichtbares (denn anderswo als beim Nicht-Sichtbaren wäre Vertrauen sowieso überflüssig) dazu. Wir alle tun es, weil wir das brauchen und auch weil wir es insgeheim wollen. Nicht zu glauben würde demnach bedeuten, seine ganzen Anstrengungen dafür einzusetzen, sich diese Hoffnung, dieses Streben, diese Sehnsucht mit allen Mitteln zu verbieten.
Zu glauben heißt schlicht zu leben, und zwar mit der Hoffnung darauf, dass nichts verloren geht, sondern dass alle unsere Verluste eines Tages vollkommen wiederhergestellt werden, und mit dem Vertrauen darauf, dass das Ende erst der Anfang ist von etwas, das für immer bestehen bleibt: die Liebe, aus der wir geboren sind und in die hinein wir münden.
Machen wir uns nichts vor.
Man kann beim Glauben also nichts falsch machen. Man muss nur präsent sein und mit dem, was da ist, vertrauensvoll weitergehen. Natürlich ist mir klar, dass das alles tausendmal leichter gesagt als getan ist, doch zu sagen „Das ist aber schwer“ ist lediglich eine Ausrede. Und zwar keine Ausrede für den bloßen Glauben, sondern viel mehr eine Ausrede fürs ganze Leben. Denn schwer bedeutet nicht dasselbe wie schlecht. Sicherlich ist ein schweres oder gar schlimmes Leben immer noch ein wertvolles, heiliges Leben. Und deshalb sind unsere schlimmen Momente trotzdem keine schlechten. Vielleicht kann ein schweres, schlimmes Leben auch Gutes hervorbringen. Vielleicht kann schlimm auch gut sein, und Leid kostbar. Dann wäre ein leidvolles Leben ein liebenswürdiges und ein schlimmer Moment ein wertvoller.
Unser Leben ist heilig! Kostbar! Unendlich wertgeschätzt! Alles ist bedeutungsvoll! Nichts ist umsonst! Und das alles gilt unabhängig davon, ob wir gerade leiden oder ob es uns richtig gut geht und ob wir offiziell glauben oder nur inoffiziell.
Mit dem Glauben ist es wie mit dem Leben. Man kann gar nichts falsch machen, und man kann glücklicherweise auch nichts richtig machen. Man muss einfach nur präsent sein – und mutig!
Haben wir Mut zum Leben. Dann ist auch der Glaube nur noch einen Millimeter entfernt.
„Die Liebe bleibt bestehen, was auch geschieht.“ 1. Korinther 13,7
Foto: Ben Mack (Pexels)