Kindsein. Ein ursprünglicher Zustand.
Neulich schaute ich mir Bilder von mir als Kind an und wurde von einer romantischen Nostalgie und schmerzlichen Wehmut erfasst. Wer kennt das nicht? Die Bilder beamten mich direkt zurück in die Zeit meiner Kindheit und im Innern durchlebte ich sie ein Stück weit noch einmal. Ich kann nicht mal sagen, wie sich das anfühlt ... es ist zu schön, als dass es dafür Worte gäbe. Ich hatte das Glück einer wunderschönen, unbeschwerten Kindheit. Ich weiß, dass nicht jede*r eine schöne Kindheit hatte und das macht mich echt traurig. Weil ich persönlich aber so positive Erfahrungen als Kind machen durfte, kann ich vom Wert einer schönen Kindheit berichten.
An dem Abend, als ich mir die Bilder ansah, haben mich viele Gedanken zum Thema Kindheit umgetrieben. Ich musste ihnen einfach nachgehen und möchte gar nicht lange drumherum reden:
Kind zu sein, ist eine existenzielle Erfahrung, denn als Kinder werden wir geboren. Das ist unser ursprünglicher Zustand. Als Kinder wachsen wir auf. Als Kinder lernen wir, wie das Leben läuft. Beim Nachdenken wurde mir plötzlich so bewusst: Als Gläubige können wir geistliche Wahrheiten in unsere Kinder säen, indem wir sie Versorgung, Fürsorge, Liebe, Güte, Ruhe, Freiraum, Annahme und einen Raum, in dem sie sich ganz fallen lassen können, erleben lassen. Ist das nicht schön?!? Gott gibt uns die Möglichkeit, Kindern all diese Dinge nicht nur "beizubringen", sondern sie diese Dinge erfahren, erleben und am eigenen Leib spüren zu lassen! Ja, ich glaube, Kindsein kann das Fundament für die Identität des Kindseins unseres himmlischen Vaters in uns legen. Ein liebevoll umsorgtes Kind zu sein sollte die Urerfahrung jedes Menschen sein. Natürlich kann man auch unabhängig von den Erfahrungen in der Kindheit später noch Gottes Fürsorge erkennen, annehmen und erleben. Trotzdem glaube ich, dass man es leichter hat, wenn man ganz praktisch - am eigenen Leib - diese guten Werte ERLEBT hat!! Denn das Erleben macht den Unterschied. In der Theorie können wir uns vieles erdenken und sein, aber entscheidend ist doch letztlich immer, was wir (er)leben.
Deshalb: Lassen wir unsere Kinder ERLEBEN, was es bedeutet, Kind zu sein! Lassen wir sie die Schönheit des Kindseins SPÜREN! Lassen wir sie FÜHLEN, wie es ist, umsorgt zu werden!
Oft hab ich das Gefühl, dass wir als Gesellschaft nicht besonders wertvoll über Kinder sprechen und was man spricht, denkt man ja bekanntlich auch. Neulich habe ich den Satz gehört, dass wir wohl über keine Personengruppe in unserer Gesellschaft so diskriminierend reden wie über Kinder. Das hat mich sehr ins Nachdenken versetzt. Und ich glaube, da ist was dran. Über keine andere Personengruppe würden wir es uns wagen, so flapsig zu sprechen wie wir das oft über Kinder tun. "Kinder nerven, Kinder sind laut, Kinder sind wild und trotzig, Kinder stinken, Kinder sind schwierig, Kinder brauchen viel Zeit und Aufmerksamkeit, Kinder rauben Kraft, Kinder sind eine Belastung ..." Ich nehme mich da nicht raus. Aber ist das nicht traurig?
Unsere Kinder sind unsere Kinder. Wir sind im Prinzip auch nichts weiter als großgewordene Kinder. Hätten wir uns nicht auch gewünscht, als willkommen betrachtet zu werden? Schließlich haben wir uns nicht ausgesucht, in dieser Welt zu sein.
Ich wünsche mir, dass wir aufhören, Kinder so beschränkt zu sehen. Beim Kinderkriegen und Kinderhaben geht es doch nicht nur um Themen (oder gar Probleme) wie Kinderbetreuung und inwiefern die Kinder uns auf unserem persönlichen Weg behindern. Es geht um unsere Kinder und um uns und das Leben. Unsere Kinder sind unsere Kinder. Geliebte, schöne, wertvolle Kinder. Echte, kleine Menschen. Unser Leben ist ihr Leben und ihr Leben ist unser Leben.
Ich ahne: Wie wir mit unseren Kindern umgehen, offenbart, wie wir uns selbst gegenüber eingestellt sind. Wir, die ach so Erwachsenen. Die Großen. Die Wichtigen.
Okay, so viel zum Kindsein, aber was ist mit uns Erwachsenen? Wer sind wir da? Ich glaube: Wir sind immer noch (himmlische) Kinder. Und manchen von uns wird das Glück zuteil, selbst Kinder zu bekommen - wie schön!!!! Oder ?!?! Vom Kind zu denjenigen zu werden, die selbst Kinder haben dürfen, die sich um sie kümmern und ihnen genau diese wunderbaren Werte vermitteln können, die wir selbst für so wertvoll erachten. Wir sind erwachsen. Und doch noch Kind. Für unsere Eltern werden wir immer ihre Kinder sein, ganz egal, wie alt wir sind. Diese Rolle werden wir nie verlieren. Ebenso wenig verlieren wir die Rolle des Kindes von Gott, ganz egal, was kommt. Wenn das kein Fundament ist, auf dem man sich ausruhen kann! Wenn das kein Ort ist, an dem wir Versorgung, Fürsorge, Liebe, Güte, Ruhe, Freiraum, Annahme und einen Raum zum Dasein erleben können!
Heute zehre ich immer noch von meiner schönen Kindheit und ich bin sehr dankbar dafür, dass die großen Werte, um die es im Leben geht, damals schon im Kleinen an mich verschenkt worden sind! Oh, wie schön es ist, Kind (gewesen) zu sein ...